Ausbiss

Gesteinsschichten oder Strukturen, die die Erdoberfläche schneiden

Als Ausbiss, Ausstrich oder Ausgehendes wird im Bergbau der an der Gebirgsoberfläche endende Teil einer Lagerstätte bezeichnet.[1][2] Hierbei bezieht sich die Bezeichnung Gebirgsoberfläche nicht zwangsläufig auf die Geländeoberfläche, sondern auf die Oberfläche des anstehenden Gesteins (Gebirge im bergmännischen Sinn), die nicht selten von Boden (bergmänn. veraltet: Dammerde) überdeckt ist.[3] In der Geologie ist der Begriff weiter gefasst und bezieht sich nicht nur auf Lagerstätten.

Auftreten und Rückschlüsse auf die Lagerstätte

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Bei einer waagerechten (söhligen) oder schwach einfallenden Lagerstätte, wie es z. B. in Deutschland bei Kohlenflözen oft der Fall ist, treten Ausbisse vorwiegend an topografischen Unregelmäßigkeiten des Geländes auf, z. B. an Geländestufen. Im Falle einer steilen oder seigeren Lagerung eines Flözes oder Ganges sind Ausbisse auch in ebenem Gelände möglich.[4] Bei steilem Einfallen werden die Ausbisse von Flözen auch als Schichtenköpfe bezeichnet.[5] Minerale, die unter reduzierenden chemischen Bedingungen gebildet wurden, werden durch Oxidation im Bereich des Ausbisses im Laufe der Jahre und Jahrtausende in andere Minerale umgewandelt, und relativ leicht lösliche Minerale können durch Oberflächenwässer abgeführt werden.[6] Diese Oxidationszone wird bei Erzlagerstätten Eiserner Hut genannt.[7] Die Größe des Ausbisses lässt oftmals keine genauen Rückschlüsse auf die Lagerstätte zu. Es kann sogar vorkommen, dass ein reichhaltiger Ausbiss zum Auffinden einer armen Lagerstätte führt und ein unscheinbares Ausbeißen zu einer ausgedehnten und reichhaltigen Lagerstätte führt.[8]

Auffinden von Ausbissen

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Im frühen Bergbau waren die Ausbisse wichtige Hinweise, wo Feuerstein oder Erze zu finden waren. Am häufigsten sind Ausbisse an Gebirgsabhängen aufzufinden. Sie konnten aufgefunden werden, indem sich der Schürfer von einem Haufen mit abgetrennten Mineralbrocken suchend nach oben vorarbeitete. Dabei lagen die Mineralbrocken umso weiter vom Ausbiss entfernt, je steiler der Abhang war.[9] Waren Ausbisse mit Erdreich überdeckt, gestaltete sich die Suche nach ihnen wesentlich schwieriger. Diese Ausbisse ließen sich nur durch intensive Schürfarbeit finden. Die Stellen, die der Schürfer[ANM 1] bearbeiteten wollte, untersuchte er zunächst sehr genau auf Bodenunebenheiten oder suchte sie nach Gesteinsbrocken ab. Die meisten Erzstufen waren in der Regel größer als das sonstige herumliegende Geröll oder die sogenannte Dammerde,[ANM 2] dadurch ließ sich eine Schürfstelle relativ gut festlegen.[10]

Heute kann man Lagerstätten und Erzgänge vollständiger erfassen, indem man sie geophysikalisch erkundet (siehe auch Exploration).

Bildergalerie

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Ausbissbegriff in der Geologie

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Die Begriffe Ausbiss und Ausstrich in der Geologie leiten sich zwar, wie viele andere geologische Fachausdrücke, von der Bergmannssprache ab, haben aber eine etwas weniger spezielle Bedeutung. Sie beziehen sich nicht nur auf Lagerstätten von Bodenschätzen, sondern bezeichnen schlicht die Schnittlinie oder -fläche einer beliebigen geologischen Struktur mit der Erdoberfläche.[11][12] Auch hier ist es unerheblich, ob diese Struktur tatsächlich aufgeschlossen ist oder nicht, d. h., Erdoberfläche ist nicht gleichbedeutend mit Geländeoberfläche, da der Ausbiss ganz oder teilweise durch Boden überdeckt sein kann.

Die Größe eines Ausbisses im geologischen Sinn hängt vom betrachteten Maßstab bzw. von der betrachteten Struktur ab. Bei der Letztgenannten kann es sich um Flächen, wie Schicht- oder Störungsflächen oder die Überschiebungsfront eines ganzen Faltengebirges, wie z. B. der Alpen, handeln oder um Gesteinskörper, wie eine einzelne Schicht, eine mächtige Schichtenfolge, eine Deckeneinheit, einen kleinen Gang oder einen riesigen Batholith oder sogar um eine noch viel größere, sehr komplex aufgebaute Gesteinseinheit, wie z. B. die Böhmische Masse.[11] Die grafische Darstellung der Ausbisse von Störungsflächen und Gesteinskörpern in einer bestimmten Region ist Hauptgegenstand einer geologischen Karte.[12]

Literatur

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  • Johann Grimm: Die Lagerstätten der nutzbaren Mineralien. J. G. Calve'sche k. k. Univ.-Buchhandlung Ottomar Beyer, Prag 1869 – Scan

Einzelnachweise

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  1. Charles Pierre Mathieu Combes: Handbuch der Bergbaukunst, oder die Lehre von der Aufsuchung und Gewinnung der nutzbaren Mineralien. Deutsch bearbeitet von Carl Hartmann. Zweite Auflage. Erster Band. Verlag Bernhard Friedrich Voigt, Weimar 1852, S. 2, online bei HathiTrust Digital Library.
  2. Moritz Ferdinand Gätzschmann: Sammlung bergmännischer Ausdrücke. Verlag von Craz & Gerlach, Freiberg 1859, S. 10f., online auf Bayerische Staatsbibliothek digital/Münchener Digitalisierungszentrum, Digitale Bibliothek
  3. Franz X. M. Zippe: Anleitung zur Gestein- und Bodenkunde, oder das Wichtigste aus der Mineralogie und Geognosie für gebildete Leser aller Stände insbesondere für Landwirthe, Forstmänner und Bautechniker. J. G. Calve’sche Buchhandlung, Prag 1846, S. 380, online auf bavarica.digitale-sammlungen.de
  4. Walter Bischoff, Heinz Bramann, Westfälische Berggewerkschaftskasse Bochum: Das kleine Bergbaulexikon. 7. Auflage, Verlag Glückauf GmbH, Essen, 1988, ISBN 3-7739-0501-7
  5. Erklärendes Wörterbuch der im Bergbau, in der Hüttenkunde und in Salinenwerken vorkommenden technischen Kunstausdrücke und Fremdwörter. Verlag der Falkenberg'schen Buchhandlung, Burgsteinfurt 1869
  6. Albrecht von Groddeck: Die Lehre von den Lagerstätten der Erze. Ein Zweig der Geologie, Erster Theil, Verlag von Veit und Comp., Leipzig 1879, S. 81–83.
  7. Bernhard von Cotta: Die Lehre von den Erzlagerstätten. Erster Theil, zweite verbesserte und vermehrte Auflage, Buchhandlung J. G. Engeldberg, Freiberg 1859, S. 124, 125.
  8. Heinrich Veith: Deutsches Bergwörterbuch mit Belegen. Verlag von Wilhelm Gottlieb Korn, Breslau 1871
  9. Friedrich August Walchner: Handbuch der Geognosie zum Gebrauche bei seinen Vorlesungen und zum Selbststudium. Zweite verbesserte und vermehrte Auflage, Druck und Verlag von Christian Theodor Groos, Karlsruhe 1847
  10. Carl Hartmann (Hrsg.): Der treue Führer bei'm Schürfen und bei der Bohrarbeit. Dritte gänzlich umgearbeitete und vermehrte Auflage, Verlag Druck und Lithographie von B. F. Voigt, Weimar 1856
  11. a b Christiane Martin, Manfred Eiblmaier (Hrsg.): Lexikon der Geowissenschaften : in sechs Bänden, Heidelberg [u. a.]: Spektrum, Akad. Verl., 2000–2002
  12. a b Hans Murawski, Wilhelm Meyer: Geologisches Wörterbuch. 12. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, 2010, S. 37, ISBN 978-3-8274-1810-4

Anmerkungen

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  1. Als Schürfer wird eine Person bezeichnet, die sich mit dem Aufsuchen von Mineralien im Bergfreien beschäftigt und vom Bergamt die dafür erforderliche Genehmigung erhalten hat. (Quelle: Erklärendes Wörterbuch der im Bergbau in der Hüttenkunde und in Salinenwerken vorkommenden technischen und in Salinenwerken vorkommenden technischen Kunstausdrücke und Fremdwörter.)
  2. Als Dammerde bezeichnet man die auf dem Gestein aufliegende fruchtbare Erdschicht. (Quelle: Heinrich Veith: Deutsches Bergwörterbuch mit Belegen.)