Karl Wilhelm von Willisen

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Karl Wilhelm Freiherr von Willisen (1790–1879), um 1870
Karl Wilhelm Freiherr von Willisen (1790–1879), 1847

Karl Wilhelm von Willisen, ab 29. April 1866[1] Freiherr von Willisen, (* 30. April 1790 in Staßfurt; † 25. Februar 1879 in Dessau) war ein preußischer Generalleutnant und Militärschriftsteller.

Er war der dritte Sohn des Bürgermeisters von Staßfurt Karl Wilhelm Hermann von Willisen (1751–1807) und dessen Frau Friederike, geborene von Trotha (1768–1826).

Militärkarriere

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Willisen kam 1804 aus dem Kadettenkorps in das Infanterieregiment „Herzog Braunschweig“ der Preußischen Armee und wurde am 30. Januar 1806 zum Fähnrich ernannt. Während des Feldzugs von 1806 wurde er in der Schlacht von Auerstedt schwer verwundet und schied nach dem Tilsiter Frieden als Sekondeleutnant aus dem militärischen Dienst.

Er studierte einige Jahre in Halle bei Professor Heinrich Steffens, mit dem ihn fortan eine lebenslange Freundschaft verband. Ebenso freundete er sich in dieser Zeit mit Karl August Varnhagen von Ense, Alexander von der Marwitz und Adelbert von Chamisso an. 1809 schloss er sich dem Schillschen Freikorps an und nahm an der Schlacht bei Dodendorf teil. Im gleichen Jahr wechselte er wiederum in österreichische Dienste und kämpfte als Leutnant im Generalstab in der Schlacht bei Wagram. Nach dem Frieden von Schönbrunn lebt er als Privatmann bei Verwandten in Teutschenthal bei Halle (Saale) und wurde dort als dienstpflichtiger Untertan aufgespürt, verhaftet und in Kassel interniert. Es gelang ihm, sich durch Flucht zu befreien und sich auf abenteuerliche Weise zu den preußischen Truppen durchzuschlagen.

Während der Feldzüge 1813/14 diente er als Generalstabsoffizier in der Schlesischen Armee und machte die Kämpfe bei Leipzig, Laon, Paris, Ligny und Waterloo mit. Seine Leistungen wurden dabei durch die Verleihung beider Klassen des Eisernen Kreuzes gewürdigt. Als Kapitän kam er in den Generalstab Blüchers. Nach den Befreiungskriegen begleitete er 1825 den Sohn des Generalfeldmarschalls Ludwig Yorck von Wartenburg auf einer Reise durch die Schweiz, Frankreich, England und Italien. Während seines Berlin Aufenthaltes besuchte er sechs Vorlesungen Hegels zwischen 1826 und 1829.[2][3] 1829 dem Großen Generalstab zugeteilt, übernahm er an der Allgemeinen Kriegsschule zu Berlin den Unterricht in Kriegskunst und Kriegsgeschichte. Willisens nutzte die Vorträge als Grundlage für sein späteres, gegen die Auffassungen Carl von Clausewitz gerichtetes Werk Die Theorie des großen Krieges, das ihm in Teilen der preußischen Armee den Ruf eines hervorragenden militärischen Strategen einbrachte. Um 1830 erschienen mehrere Artikel Willisens, in denen er rückblickend nicht nur die russische Kriegsführung der Befreiungskriege kritisierte, sondern im Zuge der Julirevolution Verständnis für die nach Unabhängigkeit strebenden Polen im Großherzogtum Posen und für die demokratische Bewegung in Preußen äußerte. Auf Betreiben der Konservativen wurde Willisen aus Berlin entfernt und zunächst dem Generalstab des III. Armee-Korps unter dem Kommando des Prinzen von Preußen in Breslau unterstellt. Als Willisen auch dort politisch Stellung bezog, wurde er im Frühjahr 1832 als Chef des Stabes zum V. Armee-Korps unter General Grolman nach Posen strafversetzt. Hier hatte er Gelegenheit, die Verhältnisse im Großherzogtum genauer kennenzulernen. Auf Grund seiner militärischen Leistungen wurde er 1842 zum Kommandeur der 11. Landwehrbrigade ernannt. Als im Frühjahr 1848 die Unabhängigkeitsbestrebungen der Polen in Posen im Großpolnischen Aufstand ihren Höhepunkt erreichten, nahm Willisen, zu dieser Zeit bereits Kandidat der preußischen Liberalen für das Amt des Kriegsministers, die Ernennung zum Zivilen Königlichen Kommissar für die Provinz Posen an, um im Auftrag des Königs eine Neuordnung der Verhältnisse im Großherzogtum durchzuführen. Am 5. April 1848 traf der von den national gesinnten Preußen verächtlich als „Polenfreund“ titulierte Willisen in Posen ein. Am 6. April hielt er eine Ansprache an die deutschen Einwohner des Großherzogtums, in der er klar von Zugeständnissen an die Polen sprach und dadurch für erhebliche Unruhe unter der deutschen Bevölkerung sorgte. In der am 11. April unterzeichneten Konvention von Jaroslawiec sicherte Willisen den Führern der polnischen Aufständischen unter Ludwik Mierosławski de facto die Anerkennung der polnischen Freikorps zu. Willisen glaubte, im Sinne seines in der „Polenfrage“ gleichfalls liberal denkenden Königs zu handeln, doch dieser scheute den Interessenkonflikt mit Russland und übertrug alle militärischen Vollmachten dem in Posen kommandierenden General Peter von Colomb. Dieser erklärte am 23. April 1848 die Konvention für gebrochen und schlug den Aufstand der Polen blutig nieder. Willisen musste Posen unter Lebensgefahr verlassen und kehrte nach Preußen zurück, wo er sich den heftigsten Anfeindungen ausgesetzt sah, die bis zum Vorwurf des Landesverrats reichten. In seiner Schrift Akten und Bemerkungen zu meiner Sendung nach Posen versuchte Willisen den Vorwürfen zu begegnen.

Das Ministerium Auerswald sandte Willisen nunmehr auf diplomatische Mission nach Paris, Kroatien und Italien, wo er im Heerlager von Radetzky dem Feldzug der Österreicher gegen Sardinien beiwohnte. Sein Werk Der italienische Feldzug des Jahres 1848. Dargestellt und beurtheilt (1849) ist auf die hier gesammelten Erfahrungen gegründet.

Am 25. Juli 1848 wurde Willisen zu den Offizieren von der Armee überführt und in der Folge mit besonderen Aufträgen in auswärtigen Angelegenheiten betraut. Am 19. Mai 1849 wurde er als Generalleutnant mit Pension zur Disposition gestellt und erhielt im Jahr darauf am 4. April 1850 seinen Abschied mit der bisherigen Pension. Von der Statthalterschaft an die Stelle Adolf von Bonins nach Schleswig-Holstein berufen, trat er im April 1850 als Oberbefehlshaber an die Spitze der Schleswig-Holsteinischen Armee. Seine Operationen waren jedoch unglücklich und endigten mit der Niederlage bei Idstedt und dem fehlgeschlagenen Angriff auf Friedrichstadt. Deshalb legte er das Kommando nieder, lebte einige Jahre in Paris, dann in Schlesien, endlich in Dessau, wo er am 25. Februar 1879 starb.

Im September 1853 erhielt er den „Rothen Adlerorden“ 2. Klasse mit Stern und Eichenlaub.[4]

Am 28. November 1829 heiratete er in Berlin Emilie von Brause (1804–1849), die älteste Tochter des Kadettenkommandanten Johann Georg Emil von Brause. Nach ihrem Tod heiratete Willisen am 28. November 1867 in zweiter Ehe Editha von Caprivi (1843–1873), die Schwester des späteren Reichskanzlers Leo von Caprivi. 1866 erfolgte die Erhebung in den Freiherrenstand.[5] Die Ehen Karl Wilhelm von Willisens blieben kinderlos.[6]

Mitgliedschaften

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W. von Willisen: Die Feldzüge der Jahre 1859 und 1866. Leipzig 1868
  • Theorie des großen Krieges angewendet auf den russisch-polnischen Feldzug von 1831. 2 Theile. Duncker & Humblot, Berlin 1840.
  • F. Baucher: Methode der Reitkunst nach neuen Grundsätzen. Aus dem Französischen durch einen Ueberzeugten [W. von Willisen]. Alexander Duncker, Berlin 1843. Digitalisat Humboldt-Universität zu Berlin
  • Die Heer- und Wehr-Verfassung. Eine Abhandlung, gewidmet den hohen National-Versammlungen zu Frankfurt und Berlin. Duncker & Humblot, Berlin 1848.[7] -
  • Offener Brief an den Major von Voigts-Rhetz als Entgegnung auf seine aktenmäßige Darstellung. Duncker & Humblot, Berlin 1848.
  • Der italienische Feldzug des Jahres 1848. Dargestellt und beurtheilt. Duncker & Humblot, Berlin 1849. (MDZ Reader)
    • La campagna d'Italia del 1848 esposta e giudicata dal maggiore generale prussiano G. De Willisen. (= Documenti della guerra santa d'Italia). G. Cassone, Torino 1851. Digitalisat Rara
  • Akten und Bemerkungen über meine Sendung nach dem Großherzogthum Posen im Frühjahr 1848. Als Manuskript gedruckt. Julius Draeger, Berlin 1849 (Digitalisat)
    • Akten und Bemerkungen über meine Sendung nach dem Großherzogthum Posen im Frühjahr 1848. Carl Schröder & Comp., Kiel 1850. (MDZ Reader)
  • Die Schlacht bei Idstedt, am 24sten und 25sten Juli 1850, und die vorangegangenen Operationen vom Eindrücken der beiderseitigen Armeen ins Schleswigsche bis zur Schlacht. Mittler, Berlin 1851. (=Beiheft zum Militair-Wochenblatt für Juli, August, September 1851)
  • Charles Henry Louis d’Argy: Instruction für den Schwimm-Unterricht in der französischen Armee. In’s Deutsche übertragen von v. Wins II. Eingeleitet durch den Gen. Lieut. von Willisen. Alexander Duncker, Berlin 1857.
  • Ueber die große Landes-Vertheidigung oder über den Festungsbau und Heer-Bildung in Preußen. Von dem Verfasser der Theorie des großen Krieges. Duncker & Humblot, Berlin 1860.
  • Ueber cavalleristisches Reiten. Baumgarten, Dessau 1865. (3. Aufl. 1886)
  • Theorie des großen Krieges. Zweite vermehrte und reich verbesserte Auflage. Duncker & Humblot, Leipzig 1868.
  • Major (Konstantin Bernhard) v. Voigts-Rhetz: Aktenmäßige Darstellung der polnischen Insurrektion im Jahre 1848 und Beleuchtung der durch dieselbe entstandenen politischen und militärischen Fragen. Mit Genehmigung Sr. Excellenz des kommandirenden Generals. W. Decker & Comp., Posen 1848. (Digitalisat)
  • Antwort auf den offenen Brief des Herrn General-Major von Willisen an den Major von Voigts-Rhetz. Als Manuscript gedruckt. W. Schade, Berlin 1848.
  • Polnisches National-Comité (Hrsg.): Denkschrift des National-Comités an den General von Willisen über den gegenwärtigen Zustand des Großherzogthums Posen. Kamieński. Posen 1848.
  • Antwort des deutschen National-Comités auf die Denkschrift des polnischen National-Comités an den General von Willisen in No 16 u. 17 der Gazeta polska. W. Decker & Co., Posen 1848.
  • Denkschrift des National-Comités an den General von Willisen über den gegenwärtigen Zustand des Großherzogthums Posen. Auf die Kunde von den glorreichen Vorgängen zu Berlin. Das polnische National-Comite. Potworowski. Posen 1848. (Extra-Beilage zur: Ober-Postamts-Zeitung) Digitalisat Flugblätter 1848
  • Deutsche Chronik für das Jahr 1848. A. W. Hayn, Berlin 1849, S. 30, 31, 32, 33, 38, 40, 40, 50.Digitalisat
  • Fr. Bernhard: Seydlitz und Schill, Wrangel, Willisen und von der Tann. (= Der deutsche Soldat. 6). J. Scheible, Stuttgart 1850.
  • (Theodor Lüders): Generallieutenant von Willisen und seine Zeit. Acht Kriegsmonate in Schleswig-Holstein. Von einem Schleswig-Holstein'ischen Offizier d. D. J. B. Metzler'sche Buchhandlung, Stuttgart 1851.[8] Digitalisat
  • General Willisen, seine Kriegsführung und sein Rücktritt mit Hinblick auf die gegenwärtige Lage der Herzogthümer. Creteur, Köln 1851.
  • J. H. L. Wiebke: Neue Lehre vom Vertheidigungs-Kriege; zugleich als Beweis für die Möglichkeit der Beseitigung des Krieges. Mit Bemerkungen über die Werke der berühmtesten neuen Kriegslehrer, besonders über Willisen`s Theorie des großen Krieges und über dessen Feldzug in Schleswig-Holstein Mit 2 großen Plänen und einer Terrainkarte vom Idstedter Schlachtfelde. Hoffmann und Campe, Hamburg 1851. (MDZ Reader)
  • Ergänzungs-Conversationslexicon. Ergänzungsblätter zu allen Conversationslexiken. Hrsg./Red.: Fr. Steger, Band 6. Leipzig und Meißen 1854, S. 113–119. (Digitalisat)
  • Wilhelm von Willisen. In: Männer der Zeit. Biographisches Lexikon der Gegenwart. Erste Serie. Lorck, Leipzig 1860, Spalte 463–466. (Digitalisat)
  • Bernhard von PotenWillisen, Wilhelm von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 43, Duncker & Humblot, Leipzig 1898, S. 292–296.
  • Willisen, Karl Wilhelm von: Militär und Historiker. Geb. 30.4.1790 Staßfurt; gest. 25.2.1879 Dessau. In: Jürgen Dietrich Kurt Kiefer: Bio-bibliographisches Handbuch der Akademie Gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt. 1754–2004. Aus Anlaß der 250. Jahrfeier. Bio-bibliographisches Handbuch der Protektoren und Spezialprotektoren, der Träger von Ehrentiteln und Inhaber von Ehrenämtern, der Preisträger sowie der Ehren-, Ordentlichen und Auswärtigen Mitglieder, einschließlich einer chronologischen Übersicht aller Aufnahmen, der Mitglieder der Erziehungswissenschaftlichen Gesellschaft an der Akademie (eröffnet 1927) und einer Auswahl von Vortragenden, die nicht Mitglieder der Akademie waren. Akad. Gemeinnütziger Wiss. zu Erfurt, Erfurt 2004, ISBN 3-932295-61-7, S. 633.
  • Manfred Neuhaus: Ein verschollenes Buch aus Engels’ Militaria-Sammlung wiedergefunden: Wilhelm von Willisens „Theorie des großen Krieges. Dritter Theil“. In: Mitteilungen Förderkreis Archive und Bibliotheken zur Geschichte der Arbeiterbewegung. Nr. 58. September 2020, Berlin 2020, S. 20–39. ISSN 1869-3709 Digitalisat
Commons: Karl Wilhelm von Willisen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Gothaisches genealogisches Taschenbuch der freiherrlichen Häuser auf das Jahr 1868, Justus Perthes, Gotha 1867. Digitalisat
  2. Der handschriftliche Nachlass Georg Wilhelm Friedrich Hegels und die Hegel-Bestände der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz. Harrassowitz, Wiesbaden 1995. Anhang 41 Nr. 115. Digitalisat
  3. „Hat die höhere Idee einen speclativen, mystischen, über den gewöhnlichen Verstand gehenden Anstrich, ist sie etwa Hegelscher Natur, wie General Willisen dergleichen der preußischen Armee beizubringen suchte, so ist das um so besser.“ (Karl Marx, Friedrich Engels: Die großen Männer des Exils. In: Marx-Engels-Gesamtausgabe. Abteilung I. Band 11. Berlin 1985, S. 299.)
  4. Preußische Wehr-Zeitung. Nr. 534, vom 29. September 1853. 6. Jg. Nr. 26, S. 3392.
  5. Siehe Lit. Gen.: Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Freiherrlichen Häuser 1878, Justus Perthes, Gotha Herbst 1877, S. 956. Digitalisat
  6. Hans Friedrich von Ehrenkrook, Friedrich Wilhelm Euler, Walter von Hueck et al.: Genealogisches Handbuch des Adels. Freiherrliche Häuser B (Briefadel) 1963, Band III, Band 31 der Gesamtreihe GHdA, Hrsg. Deutsches Adelsarchiv, C. A. Starke, Limburg (Lahn) 1963, S. 438.
  7. Entwurf einer deutschen Heeresverfassung des preußischen Generals und früheren Bevollmächtigten für Posen Wilhelm von Willisen.
  8. „Vom schleswig-holsteinischen Garnisonauditeur Lüders, einem Widersacher des Generals“. (ADB).