Quempas

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Der Quempas ist eine frühneuzeitliche Zusammenstellung von drei lateinischen Weihnachtsliedern, nämlich Quem pastores laudavere und Nunc angelorum gloria, zu denen eine Erweiterung („Tropus“) auf die Melodie von Resonet in laudibus tritt.

Auf die musikalischen Überlieferungen von Michael Praetorius gründet das heutige Quempas-Singen

Beim Wort „Quempas“ handelt es sich um eine für das Lateinische eigentlich unübliche Zusammenziehung und Abkürzung der beiden ersten Worte von „Quem pastores laudavere“.

Die ältesten Quellen, darunter die Hohenfurter Handschrift Ms. 28, stammen aus dem 15. Jahrhundert; die einzelnen Lieder dürften älter sein, ebenso wohl auch der Brauch, dass in weihnachtlichen Gottesdiensten (Christmette, Christvesper oder Messe am Weihnachtstag) das erste Lied (manchmal auch das zweite) zeilenweise im Wechsel durch Schüler (solistisch und einstimmig) oder Schülerchöre (auch mehrstimmig) gesungen wurde, die in allen vier Ecken der Kirche aufgestellt waren („Der Quempas geht um“).

Seit dem 16. Jahrhundert sind deutsche Fassungen belegt, am bekanntesten wurde diejenige bei Michael Praetorius, Musae Sioniae 1607, mit dem deutschen Text „Den die Hirten lobeten sehre“ von Matthäus Ludecus und „Heut sein die lieben Engelein“ von Nikolaus Herman.[1][2] In dieser Fassung werden die beiden Lieder strophenweise abwechselnd gesungen, jeweils gefolgt vom Tropus.

Der Brauch des Quempas-Singens schloss außer der ursprünglichen Liedkombination auch weitere Lieder ein und war an vielen Orten ein fester Bestandteil des Weihnachtsbrauchtums, sowohl im Gottesdienst als auch auf Straßen und Plätzen.

Heute wird das Quempas-Singen, regional unterschiedlich, zumeist nicht mehr am Weihnachtsmorgen, sondern an einem Samstagabend oder Sonntagmorgen in der späten Adventszeit ausgeführt. Im Erzgebirge hat sich der Brauch des „Umsingens“ in der Christmette am Weihnachtsmorgen noch erhalten. In einigen Dörfern sind die jeweils eigenen überlieferten Melodien teilweise aus dem 17. und 18. Jahrhundert bis heute erhalten geblieben.

Über den erzgebirgischen Komponisten Rudolf Mauersberger (1889–1971) fand diese Tradition auch Eingang in die Liturgie der Christmette und Christvesper des Dresdner Kreuzchors.

1930 gaben Wilhelm Thomas und Konrad Ameln eine Sammlung alter Weihnachtslieder unter dem Titel Das Quempas-Heft heraus (Bärenreiter-Verlag, Kassel, künstlerisch ausgestaltet von Helmuth Uhrig) und regten damit das Quempas-Singen neu an.[3]

Im folgenden vollständigen Text sind die drei unterschiedlichen Liedquellen durch Einrückung kenntlich gemacht.

Lateinischer Text

Quem pastores laudavere,
Quibus angeli dixere:
Absit vobis iam timere,
Natus est, Rex gloriae.

    Nunc angelorum gloria
    hominibus
    Resplenduit in mundo,



    Novi partus gaudia
    virgo Mater produxit,
    Et Sol verus
    in tenebris illuxit;

        Christus,
        natus hodie ex virgine,
        Sine virili semine
        est natus Rex.

Ad quem magi ambulabant,
Aurum, thus, myrrham portabant,
Immolabant haec sincere
Leoni victoriae.

    Culpae datur hodie
    remissio;
    Laetetur homo reus.



    Lux de caelo claruit
    pace jam reparata,
    Et genitrix
    permansit illibata.

        Christus,
        natus hodie ex virgine,
        Sine virili semine
        est natus Rex.

Et exsultemus cum Maria,
in caelesti hierarchia,
natum promant voce pia,
dulci cum melodia.

    Magnum nomen Domini,
    Emanuel,
    Quod est: nobiscum Deus,



    Redemptori Domino
    redempti jubilemus;
    Hic est dies
    et annus jubilaeus.

        Pueri, concinnite
        et psallite,
        Voce pia dicite
        et plaudite.

Christo Regi Deo nato,
Per Mariam nobis dato,
Merito resonet vere
Laus, honor et gloria.

    Pastores palam dicite
    in Bethlehem,
    qui genuit Maria.



    Laus, honor et gloria
    sit Deo in excelsis,
    hominibus pax
    bonae voluntatis.

        Sion lauda Dominum
        cum plausibus
        salvatorem hominum
        in saecula.[1]

Deutscher Text

Den die Hirten lobeten sehre
und die Engel noch viel mehre,
fürcht’ euch fürbaß nimmermehre,
euch ist geborn ein König der Ehrn.

    Heut sein die lieben Engelein
    in hellem Schein
    erschienen bei der Nachte
    den Hirten, die ihr’ Schäfelein
    bei Mondenschein
    im weiten Feld bewachten.
    „Große Freud und gute Mär
    wolln wir euch offenbaren,
    die euch und aller Welt
    soll widerfahren.“

        Gottes Sohn ist Mensch geborn,
        ist Mensch geborn,
        hat versöhnt des Vaters Zorn,
        des Vaters Zorn.

Zu dem die Könige kamen geritten,
Gold, Weihrauch, Myrrhen bracht'n sie mitte.
Sie fieln nieder auf ihr Kniee:
Gelobet seist du, Herr, allhie.

    „Sein’ Sohn die göttlich Majestät
    euch geben hat,
    ein’ Menschen lassen werden.
    Ein Jungfrau ihn geboren hat
    in Davids Stadt,
    da ihr ihn finden werdet
    liegend in eim Krippelein
    nackend, bloß und elende,
    dass er all euer Elend von
    euch wende.“

        Gottes Sohn ist Mensch geborn,
        ist Mensch geborn,
        hat versöhnt des Vaters Zorn,
        des Vaters Zorn.

Freut euch heute mit Maria
in der himmlischen Hierarchia,
da die Engel singen all
in dem Himmel hoch mit Schall.

    Danach sangen die Engelein:
    „Gebt Gott allein
    im Himmel Preis und Ehre.
    Groß Friede wird auf Erden sein,
    des solln sich freun
    die Menschen alle sehre
    und ein Wohlgefallen han:
    Der Heiland ist gekommen,
    hat euch zugut
    das Fleisch an sich genommen.“

        Gottes Sohn ist Mensch geborn,
        ist Mensch geborn,
        hat versöhnt des Vaters Zorn,
        des Vaters Zorn.

Lobt, ihr Menschen alle gleiche,
Gottes Sohn, vom Himmelreiche;
dem gebt jetzt und immer mehre
Lob und Preis und Dank und Ehr.

    Die Hirten sprachen: „Nun wohlan,
    so laßt uns gahn
    und diese Ding erfahren,
    die uns der Herr hat kundgetan;
    das Vieh laßt stahn,
    er wirds indes bewahren.“
    Da fand’n sie das Kindelein
    in Tüchelein gehüllet,
    das alle Welt
    mit seiner Gnad erfüllet.

        Gottes Sohn ist Mensch geborn,
        ist Mensch geborn,
        hat versöhnt des Vaters Zorn,
        des Vaters Zorn.[1][2]

Wörtliche Übersetzung

Er, den die Hirten lobten,
denen die Engel sagten:
„Fürchtet euch nicht!“,
er ist geboren, der König der Herrlichkeit.

    Nun ist der Glanz der Engel
    den Menschen
    aufgestrahlt auf Erden.
    


    Die Freuden der neuartigen Geburt
    hat die Jungfrau-Mutter hervorgebracht.
    Und die wahre Sonne
    leuchtete auf in der Finsternis.

        Christus,
        heute aus der Jungfrau geboren
        ohne Mannessamen,
        ist geboren als König.

Zu ihm zogen die Weisen,
Gold, Weihrauch und Myrrhe brachten sie
und opferten sie von Herzen
dem Siegeslöwen.[4]

    Heute wird Vergebung der Schuld
    gewährt.
    Es freue sich der Sünder!



    Licht vom Himmel erstrahlte,
    da der Friede
    schon wiederhergestellt war,
    und die Mutter blieb unversehrt.

        Christus,
        heute aus der Jungfrau geboren
        ohne Mannessamen,
        ist geboren als König.






    Groß ist der Name des Herrn
    Immanuel,
    das bedeutet: Mit uns ist Gott.



    Dem Herrn, dem Erlöser,
    lasst uns als Erlöste zujubeln.
    Dies ist der Tag
    und das Gnadenjahr.

        Knaben, schallt
        und singt,
        mit frommer Stimme
        verkündet und preist!

Christus, dem neugeborenen König und Gott,
uns durch Maria gegeben,
erschalle wahrhaft und würdig
Lob, Ehre und Ruhm.

  • Konrad Ameln: Quem pastores laudavere. In: Jahrbuch für Liturgik und Hymnologie. 11, 1966, S. 45–88, JSTOR:24193586, Faksimile Tafel VII.
  • Konrad Ameln, Wilhelm Thomas: Der Quempas geht um. Vergangenheit und Zukunft eines deutschen Christnachtbrauches. Bärenreiter, Kassel 1965.
  • Andreas Marti: Hört, es singt und klingt mit Schalle (Quem pastores laudavere). In: Ökumenischer Liederkommentar zum Katholischen, Reformierten und Christkatholischen Gesangbuch der Schweiz. Freiburg CH/Basel/Zürich 2001–2009, unpag.
  • Ingeborg Weber-Kellermann: Das Buch der Weihnachtslieder. Schott, Mainz 1982, ISBN 3-7957-2061-3, S. 123–130.
  • Antje Wissemann [Hrsg.], Hilde Schwenn [Illustr.]: Der Neue Quempas. Advents- und Weihnachtslieder. Bärenreiter, Kassel 2012, ISMN 979-0-006-52957-5 (Suche im DNB-Portal) (Ausgaben für verschiedene Besetzungen).

Sonstige Medien

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  • Wolfgang Schneider, Torsten Seegert: Pommersche Weihnacht – Rückblick & Wiederentdeckung in einer besinnlichen Zeit, mit der Film-DVD Rummelsburger Quempas. Heimat-Bild-Verlag, Gifhorn 2012, ISBN 978-3-942926-17-1.

Einzelnachweise

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  1. a b c Friedrich Blume (Hrsg.): Michael Praetorius. Gesamtausgabe der musikalischen Werke. Band 7: Musae Sioniae. T. 7, (1609). Georg Kallmeyer Verlag, Wolfenbüttel-Berlin 1937, S. XI u. 173–177 (online: Noten und Audiodateien im International Music Score Library Project).
  2. a b Evangelisches Gesangbuch, Lied Nr. 29.
  3. Heinz Grosch, Johannes Thomas: THOMAS, Wilhelm. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 29, Bautz, Nordhausen 2008, ISBN 978-3-88309-452-6, Sp. 1425–1433.
  4. Offb 5,5 EU